Kalibrierung zur Kompensation von Parallaxenfehlern

Tachymeter und Totalstationen aus dem Vermessungswesen sind optisch komplex gebaut. Bei ihnen liegen die optischen Achsen der Entfernungsmesser (meist Infrarot und sichtbarer Laser) und des Fernrohres deckungsgleich. Bei einem stark vereinfachten Vermessungsgerät für den Heimwerkerbereich nach dem Ansatz einer Totalstation werden stattdessen nebeneinander ein Laserentfernungsmesser und eine Kamera mit parallel verlaufenden optischen Achsen eingesetzt. Natürlich lassen sich die optischen Achsen nie absolut exakt zueinander ausrichten. Aber auch wenn dies möglich wäre, so liegt dennoch der Laserpunkt auf dem einzumessenden Messpunkt nicht mehr im optischen Zentrum der Kamera, sondern zu diesem entfernungsabhängig verschoben. Analog wird auch bei reinen Laserentfernungsmessern mit Kamera vorgegangen.

Der Laserpunkt ist direkt nur selten sichtbar. Bei üblichen Tachymetern mit Fernrohr wird die Laserfrequenz im Fernrohr ausgefiltert, bei dem beschriebenen Messgerät ist der Laser nur bei sehr geringem Umgebungslicht auf kurzen Distanzen im Kamerabild sichtbar. Tachymeter besitzen daher ein Fadenkreuz zur Anvisierung des Messpunktes. Im Fall des beschriebenen Messgerätes wird ein entsprechendes Fadenkreuz auf das Livebild gemappt.

Für dieses Mapping muss die Position des Laserpunktes im Livebild berechnet werden. Sie erfolgt auf Basis von Kalibrierungswerten. Im Folgenden wird gezeigt, wie eine sehr einfache Umsetzung erfolgen kann.

ACHTUNG: Genauer und vielfältiger einsetzbar ist eine Lösung über lokale Koordinatensysteme der Komponenten mit Modellierung der Verzeichnisparameter der Kamera. Diese Vorgehensweise wird in einem anderen Beitrag behandelt.

Übersicht der mathematischen Größen

Die obige Zeichnung abstrahiert die Kamera zur einfachen Lochkamera, was bei Berechnungen wie diesen meist ausreichend ist. Mit \( P_0 \) ist der Mess- bzw. Laserpunkt gekennzeichnet, mit \( P_1 \) das geometrische Zentrum der Kamera, mit \( P_2 \) der Bildhauptpunkt und mit \( P_3 \) der Abbildungspunkt des Mess- / Laserpunktes in der Kamera. \( f \) kennzeichnet die Brennweite, \( x_p \) den Abstand des Abbildungspunktes vom Bildhauptpunkt. Zur weiteren Abhandlung wird nun ein lokales kartesisches Koordinatensystem eingeführt, bei welchem als Ursprung das geometrische Zentrum der Kamera und als y-Achse deren optisches Lot gewählt wird.

Nun wird der Laserentfernungsmesser betrachtet. Sein Laserstrahl wird sich nie absolut parallel zur optischen Achse der Kamera ausrichten lassen. Er ist in der Grafik rot und zur besseren Darstellung bewusst übertrieben schräg gezeichnet. Der Referenzpunkt der Entfernungsmessung (also der Punkt, von dem aus sich das Entfernungsmaß bezieht) liegt vor oder hinter der x-Achse unseres lokalen Koordinatensystems. Zur Vereinfachung der Grafik wird der Punkt hinter die x-Achse gelegt. Damit ergeben sich zwei weitere Punkte \( P_5 \) als Referenzpunkt der Entfernungsmessung und \( P_4 \) als Schnittpunkt des Laserstrahls mit der x-Achse.

Mit \( d \) wird nun die gemessene Entfernung des Laserentfernungsmessers bezeichnet. Da \( P_5 \) nicht auf der x-Achse liegt, werden nun \( d_0 \) und \( d_1 \) eingeführt. \( d_1 \) ist dabei die Entfernung von \( P_0 \) von \( P_4 \) aus. \( d_1 \) ergibt sich dabei aus dem Wert der Entfernungsmessung \( d \) und \( d_0 \), welcher bei der Kalibrierung einmal bestimmt werden muss.

Weiter ergibt sich die Entfernung \( x_0 \) zwischen \( P_1 \) und \( P_4 \), welche auch immer konstant bleibt und einmal bei der Kalibrierung zu bestimmen ist. Nun wird die Schräge \( m = \frac{x_1}{d_2} \) eingeführt. \( x_1 \), \( d_1 \) und \( d_2 \) bilden dabei ein rechtwinkliges Dreieck. \( m \) bleibt immer konstant und ist wieder ein Kalibrierungswert. Mit diesen Größen ergibt sich der Rest über einfache Dreisätze:

Ableitung zum Aufklappen hier klicken

$$
\frac{x_p}{x}=\frac{f}{d_2} \\
x_p=\frac{f \cdot x}{d_2} , x=x_0 + x_1 \\
x_p=\frac{f \left( x_0 + x_1 \right)}{d_2} , x_1=d_2 \cdot m \\
x_p=\frac{f \left( x_0 + d_2 \cdot m \right)}{d_2} \\
x_p=\frac{f \cdot x_0}{d_2} + f \cdot m \\
{d_2}^2 + {x_1}^2 = {d_1}^2 , x_1 = d_2 \cdot m \\
{d_2}^2 + \left( d_2 \cdot m \right)^2 = {d_1}^2 \\
{d_2}^2 + {d_2}^2 \cdot m^2 = {d_1}^2 \\
{d_2}^2 \left( 1 + m^2 \right) = {d_1}^2 \\
{d_2}^2 = \frac{{d_1}^2}{1+m^2} \\
d_2 = \sqrt {\frac{{d_1}^2}{1+m^2}} = \frac{d_1}{\sqrt{1+m^2}} \\
x_p=\frac{f \cdot x_0}{\frac{d_1}{\sqrt{1+m^2}}} + f \cdot m \\
x_p=\frac{f \cdot x_0 \cdot \sqrt{1+m^2}}{d_1} + f \cdot m, d_1 = d – d_0 \\
x_p=\frac{f \cdot x_0 \cdot \sqrt{1+m^2}}{d – d_0} + f \cdot m
$$

Daraus resultieren die „komprimierten“ Kalibrierungswerte
$$
a = f \cdot x_0 \cdot \sqrt{1+m^2} \\
b = f \cdot m \\
c = d_0 \\
$$
und die Berechnung auf diesen als
$$
x_p = \frac{a}{d-c}+b
$$

Die Gleichung \( x_p = \frac{a}{d-c}+b \) ist typisch reziprok und stimmt mit den Graphen von Messreichen überein:

Messreihen Parallaxenfehler

Brennweite \( 𝑓 \) und Distanz \( 𝑑_0 \) gelten dabei sowohl für die x- als auch y-Achse. Daher gilt auch \( c \) für beide Achsen. Daher lässt sich die Kalibrierung auf 5 Variablen komprimieren.